Samstag, 29. September 2012

Tiefe Trauer und pure Lebensfreude

Wie gesagt wollte ich ja noch auf zwei aktuelle Ereignisse eingehen.
Vorgestern am Mittwoch waren wir mit nahezu dem gesamten VAD-Staff bei gleich zwei Beerdigungen. Anita die Chefin des Offices wurde tags zuvor angerufen, dass zwei unserer Klienten verstorben seien. Mir berichtete man 5 Minuten vor Abfahrt und fragte ob ich mitkommen wollen würde. Ich war hin und hergerissen, Jeans und T-Shirt, nicht gerade angemessen. Aber wie alles hier in Uganda „No problem“. Also fuhr ich mit. Dennoch mit einem mehr als schlechten Gewissen. Ich kannte beide nicht, war dennoch total neugierig ob ich wieder so ein Szenario wie vor ein paar Wochen erleben würde. Ich fühlte mich als Schaulustiger bei einer Beerdigung (!) ein mehr als unangenehmes Gefühl.
Als wir auf der ersten Beerdigung ankamen waren bereits um die 100 Leute anwesend. Medie und Abdul ließen es sich nicht nehmen auf der Hinfahrt Witze zu reißen, „Leon did you know that if there is a Muzungu coming he needs to lie the dead man in his grave?“. Das erste was die beiden mir zeigten war das ausgehobene Grab (übrigens auf dem persöhnlichen Familienfriedhof zehn Meter vom Haus entfernt). Als ich feststellte, dass das Loch gerade mal einen Durchmesser von circa 50cm mal 50cm hatte wunderte ich mich, ob die Ugander die Leiche sozusagen ins Grab stellen. Dann fiel mir jedoch auf, dass das Loch gerade mal ein Meter tief war. Ugander sind klein, aber nicht soooo klein. Auf meine Nachfrage erfuhr ich dann, dass Anita bei dem Telefonat etwas Missverstanden hatte. Die Tochter des Klienten war gestorben. Ein Jahr alt ist die kleine Nalongo geworden. Mir wurde schlecht.
Unter einem Zelt wurde dann die kirchliche Zeremonie begonnen. Ich musste in die erste Reihe. Während der Zeremonie wurde der Sarg direkt vor meine Füße gestellt. Der Deckel war halboffen zeigte aber glücklicherweise mit geschlossener Seite zu mir. Jetzt wurde mir auch bewusst woher die bisherigen Geräusche kamen, der Sarg wurde aus dem Haus getragen direkt dahinter die Mutter und vermutlich die Oma, vollends aufgelöst und bitterlich am weinen. Während der Zeremonie sah die Mutter immer wieder in den Sarg und fing wieder an zu weinen. Nach der Predigt hieß der Bruder des Vaters und der Vater selbst den VAD-Staff und mich explizit willkommen, „You are most welcome Sir, we are so happy to see you here giving my daughter the last bless.“
Irgendwann war die Zeremonie dann vorbei und vier Männer trugen den Sarg in Richtung Grab, wir stiegen ins unser Auto und fuhren zur nächsten Beerdigung.
Dort angekommen, standen wir circa eine Stunde am Eingang des Grundstücks tranken Soda und fuhren dann wieder ohne an der Zeremonie teilzunehmen. Anita war hungrig und wollte los was essen. Abdul wollte zum Fußballtraining. Kurz bevor wir losfuhren wurde uns allen noch schnell ein voller Teller Essen ins Auto gereicht. Ich kam mir vor wie ein Schmarotzer.
Abdul erzählte mir, dass Beerdigungen immer um 14 und um 16 Uhr stattfinden, also der Teil in dem der Pfarrer/Priester die kirchliche Zeremonie beginnt.
Die Stimmung auf der Rückfahrt war schon wieder großartig. Wir nahmen den Pfarrer mit zurück, alle witzelten über irgendwelche Dinge und aßen ihr Essen. Ich gab den Teller weiter.
Ein wenig glücklich war ich darüber, dass es doch noch Menschen gibt die den Tod betrauern. Dabei handelt es sich im Normalfall aber nur um die näheren Angehörigen. Auf beiden Beerdigungen wurde nebenbei auch gescherzt und gelacht. Entfernte Verwandte und Arbeitskollegen wie wir interessiert der Tod nicht wirklich. Ist wohl zum Alltag geworden.
Ich weiß nicht ob ich das nochmal mitmachen möchte. Zum einen freut es mich vielleicht ein wenig Trost den nahen Angehörigen zu schenken (dem ist so auch wenn ich es nicht verstehe), aber dann müsste ich auch immer wieder feststellen wie egal es meinen Mitmenschen ist. Das belastet mich schon sehr.

Ich möchte mal wieder mit einem fröhlicheren Thema euch aus meinem Blog entlassen.
Deshalb erzähle ich nun von der im Moment hier stattfindenden Kirmes oder Jahrmarkt wie auch immer. Dienstag war ich das erste mal zu einer Aufführung mit Ronie dort. Auf der Bühne trat ein durchaus bekannte Musikgruppe auf, daher war der Eintritt für ugandische Verhältnisse äußerst teuer, umgerechnet 1,30 €. Doch war das ganze nicht wirklich ein Konzert sondern eher sowas wie ein Sketch-Musical. Es gab keine Story sondern immer wieder kleiner Sketche passend zu den Liedern. Etwas eintönig, weil es immer darum ging wie krieg ich das Mädel rum und wie finden wir unsere gemeinsame große Liebe. Ob in der Disko, auf der Arbeit, beim Einkaufen oder sonstwas. Die Intention war immer dieselbe, Liebe und Sex, ja die sonst sehr prüde ugandische Gesellschaft fand Freude an diesem Musical. Das ganze war Open-Air, Stühle konnten gemietet werden und der gesamte Platz war brechend voll. Durch die meist lustig angehauchten Sketche brach das Publikum sehr oft in Gelächter aus. Ronie und ich waren ungefährt um 20:30 Uhr dort um 23:30 Uhr wurde ich dann müde und fragte Ronie wie lange es noch dauert. Er erklärte mir bis 2 Uhr. Danach verabschiedete ich mich und fragte mich ernsthaft wie die Ugander das durchhalten. Bis 2 Uhr feiern und um 7 Uhr aufstehen. Da zeigt sich wieder der „Weak Muzungu“. Um 3:15 Uhr wachte ich in meinem Bett auf und hörte das Musical immernoch.
Doch ist das nicht das einzig interessante auf der Kirmes hier.








 
Heute waren wir (VAD-Staff) dann bei zwei weiteren Attraktionen, natürlich während der Arbeitszeit. Zum einen sahen wir das Reptilien-Village bestehend aus sechs Gehegen und der angeblich größten Anakonda auf der Welt, typisch ugandisch, ne glatte Lüge.

















Außerdem gab es ein Puppenspiel zu bestaunen. Durchaus interessant mit einer komplett wirren Story die auch für Menschen die Luganda beherrschen absolut sinnfrei ist. Mir hat dabei am besten die gespielte Live-Musik gefallen, die Jungs an den Trommeln und Rasseln gaben ihr bestes und konnten unglaublich schnell spielen.
Nach 15 Minuten, 2 schwitzenden Puppenspielern, 6 triefend nassen Musikern und einem angeheiterten Publikum war die Show dann auch wieder zu Ende.







Doch hat die Kirmes noch mehr zu bieten. Überall gibt es kleine Stände an den Klamotten und Schmuck verkauft werden und auch der Zocker kommt auf seine Kosten.
Ob Würfelspiele oder Geschlickkeitsspiele, wer Glück und Können unter Beweis stellt, gewinnt.
Das Würfelspiel habe ich nicht begriffen, ich glaube man setzt auf die vier verschiedene Farben (Kreuz, Piek, Herz, Caro) und wenn der Leiter deine Farbe würfelt verdoppelst du deinen Einsatz. Ob die verbleibenden Seiten mit weiteren Farben versehen oder Nieten sind weiß ich nicht.
Beim Geschicklichkeitsspiel handelt es sich um sowas ähnliches wie Hufeisen werfen. Hierbei hat man einen Ring und muss entweder den Ring so werfen, dass er die heiß begehrten Bierflaschen einzwängt oder man schafft es um einen Stein der einen gewissen Geldbetrag verspricht.
Bei beiden Spielen habe ich Ronie gefragt wie gut meine Chancen stehen, er meinte ich hätte keine Chance. Ich hab mich auf eine Wette eingelassen. Morgen werde ich das Ringwerfen versuchen. Schaffe ich es ne Flasche Bier zu gewinnen verdoppelt er meinen Gewinn. Andernfalls muss ich ne Runde schmeißen. Finde ich durchaus fair. Ich hab mich zwar innerlich schon vom Gewinnerbier verabschiedet aber ich gebe mein Bestes. Ich berichte wie es ausgeht.

So diesmal füge ich die Bilder ein, leider ist das hier nicht so möglich wie ich das gerne hätte. Aber die Bilder sehr ihr ja auch so;) Ich hoffe ihr versteht, dass ich auf den Beerdigungen keine Bilder gemacht habe.

Damit ein schönes Wochenende, wünscht
Leon

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